Von der Wichtigkeit albern zu bleiben.
Manchmal scheint mich der Alltag zu erdrücken. Alles ist so furchtbar seriös geworden. Die Post ist vom Finanzamt oder vom Polizeipräsidenten von Berlin, die Gespräche auf Partys kreisen um die Notwendigkeit von Thermomixen. Oder ist der richtige Plural hier Thermomixer? Keine Ahnung. Die „Rush Hour des Lebens“ ist anstrengend. Aber warum eigentlich? Und muss das so sein?
An manchen Tagen fühle ich mich so gefesselt im Erwachsensein und allem was dazu gehört, dann möchte ich mir doch einen neuen Thermomix bestellen. Und heimlich mit ihm wegfliegen. Weil der kann das ja, oder? All die Verantwortung, die wir in unserem Alter gerade tragen, das kann schon erdrückend sein. Haus, Haushalt, Job, Kinder, mit denen man gerne und viel Zeit verbringt, Erziehung, die man ernst nimmt und eine Paarbeziehung, in der auch nicht immer Alltag sein soll. Ganz zu schweigen von der Mühe, mir diese grünen Smoothies reinzuzwingen. Detoxen muss doch auch sein! Früher war irgendwie mehr Zeit zum Spielen, oder? Unbeschwertheit, Unvernunft, unendliche Möglichkeiten…. Und dann soll „angrillen“ die maximale Form von Spaß sein? Nä, oder? (Nicht zu vergessen, die Dip-Sauce, die man mit dem, ja genau, Thermomix, zubereitet hat). Jahaaaa, ich habe mir dieses Leben ausgesucht. Ich bin auch gerne häuslich und kann auch sehr emotional werden, wenn es um Haushaltsgeräte geht. To-Do-Listen-Abarbeitung und geschmeidige Alltags-Orga kann ich mittlerweile auch sehr gut. Aber wo bleibt denn das Unverhoffte, das … Leichte? Muss das denn für immer weg sein? Ich sage: NEIN. Beim heiligen Thermomix, NOOOOO! Man muss diese albernen Momente, die uns aus dem Alltag herausheben und für eine Minute durchatmen lassen, suchen und zelebrieren. Ich freue mich über jede Begegnung mit einem Erwachsenen, der mir zeigt, dass noch ein Kind in ihm wohnt und kein Weber-Grill-Roboter. Echtes Interesse, Überraschung, Begeisterungsfähigkeit, wie selten ist das geworden? Überhaupt auch die Fähigkeit, sich noch auf neue Leute einzulassen. Wer mir einen albernen, nicht korrekten Witz erzählt, den mag ich sofort. Aber es ist schwer geworden, das zu finden. Auch die sonntäglichen Kinder- und Familiengottesdienste können helfen, um sich im Alltag wieder neu auszurichten und die wichtigen Werte im Leben neu zu spüren.
Katja Roesgen