Hand mit Blümchen

Meine Kinder sind undankbar!

Dürfen wir Dankbarkeit denn einfordern?

Ich fand das früher immer nervig, wenn meine Eltern mir sagten „Du bist undankbar.“ Kürzlich schmiss ich nach einem Streit beim Hausaufgaben machen für kurze Zeit die Brocken hin. „Du machst das jetzt alleine, mir reicht´s.“ Antwort: „Aber Eltern MÜSSEN mit ihren Kindern üben, ­Mama.“ Soso, steht das im Grundgesetzt oder was? Kommt gleich die Eltern-Polizei und ­erteilt mir eine Rüge? Und ich habe natürlich wie die ­Ur-Oma geantwortet: „Andere Kinder haben nicht so ein Glück wie Du. Da helfen die Eltern nicht oder können es gar nicht.“ Die Tochter hat es nicht weiter interessiert. Sie ließ mich sie noch zum Reiten kutschieren, obwohl sie eigentlich keine Lust hatte und voll müde war. Was will Mama eigentlich noch? Dankbarkeit? Nö.
Unseren Kindern geht es gut. Sie kennen keinen Mangel und mussten sich bisher wenig bis gar nichts erkämpfen oder lange auf einen Wunsch warten. Ich erlaube ihnen nicht alles und kaufe ihnen auch nicht gleich jeden Quatsch, aber im Großen und Ganzen haben sie eine echt tolle Kindheit. Warum ist es aber trotzdem oft alles „Manno“ oder „Mensch, Mama?“ Das ist auch gar keine Undankbarkeit, sondern ihr Leben, wie sie es als „normal“ empfinden. Dieses Leben ermöglichen wir ihnen ja von ganzem Herzen, warum also künstlich etwas verknappen? Trotzdem ist es manchmal ganz gut darüber zu sprechen, dass all das nicht vom Himmel fällt und sonst jetzt keiner zum Reitstall fahren würde außer Mama. Gar nicht so einfach, ohne direkt wieder wie die Ur-Oma klingen zu wollen à la „Weißt Du eigentlich wie gut es Dir geht“?

Das Beste: die echte, spontane Dankbarkeit
Dankbarkeit einzufordern ist auch ein bisschen wie Liebesbekundungen einzufordern. Die „Leistung“ wird vielleicht erbracht, aber es macht beiden Seiten gar keinen Spaß. Wenn den Kindern das Essen wirklich gut schmeckt und sie sich begeistert bedanken oder wir einen Ausflug zusammen genießen und der Sohn sagt: „Das ist der tollste Tag, Mama. Danke“, das macht Spaß. Und auch wie bei unerwarteten Kompliment freut man sich dann, ganz einfach weil es echt, spontan und nicht eingefordert war.

War ich denn dankbar als Kind? Ähm … nein
Aber es ist wohl einfach so und ganz normal. Als ich vor mehr als 16 Jahren zum ersten Mal Mutter wurde und die erste Zeit mit meinem Sohn erlebte, dachte ich damals: „Und das haben meine Eltern alles für mich gemacht?“ All dieses Schreien, die Windeln, die durchwachten Nächte, die Mathe-Hausaufgaben, die Gespräche mit Lehrern, die Pubertät, der Teenie-Quatsch?“ Noch dazu haben sie mich zu einem ganz okayen Menschen erzogen, mir Werte mit auf den Weg gegeben und mir Liebe und Selbstwertgefühl geschenkt. All das …? WAHNSINN.
Damals habe ich zum ersten Mal echte, wirkliche Dankbarkeit für die Arbeit und Mühe meiner Eltern gespürt. Somit gilt bei meinen Kindern weiterhin: „Nix gesagt ist genug gelobt.“

Katja Roesgen